Das neue "Handbuch Klimaschutz Schleswig-Holstein"

Im neuen Handbuch "Klimaschutz Schleswig-Holstein" stellen Mehr Demokratie Schleswig-Holstein und die Heinrich Böll Stiftung Schleswig-Holstein als gemeinsame Herausgeber Fakten, Zahlen und Fragen für politische Entscheidungsfindung und partizipative Prozesse dar.

  • Handbuch Klimaschutz Schleswig-Holstein

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    28. Oktober 2021

Zusammenfassung

Der Bericht des Weltklimarates von 2018 macht deutlich, dass der Handlungsbedarf beim Klimaschutz noch dringlicher ist, als zuvor angenommen. Vorher wurde meistens über das Zwei-Grad-Ziel gesprochen. Nun ist aber klar, dass es sehr wichtig ist, dass sich die Erde höchstens um 1,5 Grad erwärmt. Allerdings kann dieses Ziel – das nun auch im Koalitionsvertrag der neuen Regierung zugrundegelegt werden soll – nur erreicht werden, wenn schnell die nötigen Maßnahmen ergriffen werden. Bis 2040 muss die Gesellschaft klimaneutral sein. Dafür müssen fast alle Bereiche, die heute Treibhausgase verursachen (siehe Grafik 1) so umgestellt werden, dass sie keine Treibhausgase mehr ausstoßen.

 

Die wichtigsten Maßnahmen, um in Schleswig-Holstein klimaneutral zu werden, sind:

  • In Schleswig-Holstein müssen, anders als in anderen Bundesländern, die Landwirtschaft und die Bodennutzung im Zentrum der Klimapolitik stehen. Immerhin werden 32 Prozent der Emissionen in diesem Bereich verursacht.
  • Daher müssen große Flächen, die früher einmal Moore waren, wieder vernässt werden. Gleichzeitig werden neue Wälder angepflanzt.
  • In der Landwirtschaft muss die Düngung so umgestellt werden, dass sie weniger Treibhausgase verursacht. Außerdem müssen Reststoffe besser genutzt werden und Tierbestände reduziert werden. Dafür ist es auch wichtig, dass der Konsum von Fleisch und Milchprodukten zurückgeht.
  • Die erneuerbare Stromerzeugung muss weiter ausgebaut werden. Das meint vor allem Wind- und Sonnenkraftwerke. Dazu gehört auch die notwendige Infrastruktur, das heißt Netze, Speicher und Elektrolyseanlagen. Gleichzeitig müssen Kohlekraftwerke und etwas später auch Gaskraftwerke abgeschaltet werden.
  • Ein großer Teil der Häuser muss saniert und neu gedämmt werden. Öl- und Gasheizungen müssen durch andere Heizungen ersetzt werden. Hier kommen vor allem Wärmepumpen in Frage. Die Fernwärme-Netze müssen ausgebaut und auf erneuerbare Wärme umgestellt werden. Biogas-Anlagen wird es weiterhin geben. Allerdings werden sie anders genutzt.
  • Möglichst viel Güter- und Personenverkehr muss von Auto und LKW auf Bahn, Bus und Rad verlagert werden. Dazu braucht es neue Bahnstrecken, ein besseres ÖPNV-Angebot und Regeln für die Innenstädte, die Radverkehr begünstigen.
  • PKW und LKW müssen weitgehend auf Elektro-Antriebe umgestellt werden. Wo das nicht möglich ist, werden die Treibstoffe erneuerbar erzeugt. Dies gilt vor allem für den Schiffs- und Flugverkehr.
  • Die Industrie muss so umgebaut werden, dass die Produktion fast keine Treibhausgase mehr freisetzt. Dies betrifft in Schleswig-Holstein vor allem die Raffinerien in Brunsbüttel und Hemmingstedt und die Zement-Industrie in Lägerdorf. Diese drei Standorte verursachen fast 90 Prozent der Emissionen der Industrie.

Hinzu kommen Maßnahmen, die nicht von Schleswig-Holstein allein beschlossen werden können. Sie müssen deutschlandweit eingeführt werden. Sie sind aber wichtig, um die Umstellung in Schleswig-Holstein zu erleichtern:

  • Die Verursachung von Treibhausgasen muss Geld kosten („CO2-Preis“). Das ist ein großer Anreiz für Unternehmen und Verbraucher klimafreundlicher zu handeln. Der CO2-Preis kann und muss so gestaltet werden, dass Menschen mit wenig Einkommen entlastet werden.
  • Viele Rohstoffe (z.B. Metalle) sind begrenzt und es braucht viel Energie, um sie zu gewinnen. Es ist deshalb notwendig ein Recycling-System einzuführen, das garantiert, dass diese Rohstoffe nicht verschwendet werden, sondern immer wieder benutzt werden können.
  • Heute dauert es oft viele Jahre, bis große Projekte umgesetzt werden können. Die Umstellungen müssen aber alle sehr schnell erfolgen. Es ist deshalb wichtig, dass Planungen und Genehmigungen von Bauprojekten beschleunigt werden.
  • Gleichzeitig muss es genug Fachpersonal geben, das die Maßnahmen umsetzt, zum Beispiel im Handwerk. Dafür muss mehr Fachpersonal ausgebildet und umgeschult werden.
  • Deutschland steht nicht allein in der Welt. Es muss mit anderen Ländern zusammenarbeiten. Wichtig sind vor allem vier Dinge. 1.) Deutschland muss mit anderen Ländern Verträge schließen, um in Zukunft erneuerbare Brennstoffe importieren zu können. 2.) Deutschland muss darauf hinwirken, dass in ganz Europa vergleichbare CO2-Preise eingeführt werden. Dies garantiert klare und verlässliche Regeln für Unternehmen. 3.) Viele Produkte, die in Deutschland verbraucht werden, werden im Ausland hergestellt und verursachen dort Emissionen. Deutschland muss mit dafür sorgen, dass diese Emissionen reduziert werden. 4.) Ärmere Länder müssen finanziell dabei unterstützt werden, ihre Treibhausgase zu reduzieren und auch CO2 wieder zu speichern.

All diese Maßnahmen sind möglich, aber sie erfordern Anstrengungen. Das Projekt kann nur gelingen, wenn alle zusammenarbeiten. Dafür ist es wichtig, dass Kosten und Nutzen der Umstellung fair auf alle verteilt wird. Insbesondere Menschen mit geringen Einkommen sollten Gewinner der Umstellung sein. Das ist nur fair, da diese Menschen heute die geringsten Emissionen verursachen.
In Schleswig-Holstein ist es besonders wichtig, Lösungen für die Landwirtschaft zu finden, von denen alle profitieren. Landwirtschaft und Bodennutzung zusammen verursachen in Schleswig-Holstein ein Drittel der Emissionen. Dies erfordert grundlegende Veränderungen. Diese müssen so gestaltet werden, dass auch die Landwirte von ihnen profitieren. Wir brauchen daher in Schleswig-Holstein einen historischen Kompromiss zwischen Landwirtschaft, Klimaschutz und Umweltpolitik.