Neupositionierung der Innenministerin Sütterlin-Waack zur Einschränkung der Bürgerbegehren in Schleswig-Holstein

Mehr-Demokratie e.V S-H begrüßt die Rücknahme der Generalklausel zur Einschränkung der Bürgerbegehren in den Kommunen Schleswig-Holsteins.

In einer Zeit, in der die Demokratie zunehmend von autoritären Machthabern – aber auch von autoritär orientierten Parteien in Demokratien – in Frage gestellt wird, war dies ein nicht akzeptables Signal. Dass die Ministerin hier eine Korrektur der im Koalitionsvertrag vereinbarten Pläne der Koalition vorgenommen hat, ist ein wichtiger Schritt, den wir ausdrücklich anerkennen. Wir halten  dagegen an unserer Kritik an einer Verschlechterung der Regeln für Bürgerbegehren fest. Seit über dreißig Jahren kämpfen engagierte Bürgerinnen und Bürger und Verbände für den Ausbau der direkten Demokratie in Kommunen und Ländern. Mittlerweile hat sie sich in allen Bundesländern etabliert und die Regeln sind ständig weiterentwickelt worden, um die Beteiligung der Bürger zu erleichtern.

Dass Schleswig-Holstein sich nun an schlechteren Regeln in anderen Bundesländern orientieren soll, ist nicht zeitgemäß. In NRW sollen laut Koalitionsvertrag die Regeln für die Bürgerbegehren  sogar erheblich erleichtert werden, auch in Niedersachsen haben die jetzt verhandelnden Parteien sich in ihren Landtagswahlprogrammen so festgelegt.

Alle Erfahrungen, so Claudine Nierth, Bundesvorstandssprecherin des Vereins, sprechen dafür, dass Bürgerbegehren und Volksentscheide zu mehr Akzeptanz und einer positiveren Einstellung zur Demokratie führen. Daher wäre es besser, wenn Schleswig-Holstein sich an den besten Regelungen in Bayern und fünf anderen Bundesländern orientieren würde. Dort sind Bürgerbegehren weitgehend ohne inhaltliche Einschränkungen und behindernde Regelungen möglich. Deshalb finden die Hälfte aller Bürgerbegehren bundesweit in Bayern statt, ohne dass der Freistaat dadurch handlungsunfähig wurde, im Gegenteil; gerade die CSU schätzt die Beteiligungsrechte in Bayern. Wenn in über 1000 Gemeinden in Schleswig-Holstein zuletzt ca. 25 Bürgerbegehren jährlich eingeleitet wurden, von denen aber ein Teil nicht zustande kam, dann kann in keiner Weise davon geredet werden, dass dies ein Problem für die Kommunalpolitik darstellt. Bürgerbegehren sind vor allem ein Instrument, um vorhandene Konflikte in der Kommune zu kanalisieren und zu lösen.

Insbesondere die neue geplante Regelung, dass Bürgerbegehren gegen Beschlüsse des Gemeinderats nicht mehr zulässig sein sollen, wenn zwei Drittel dafür gestimmt haben, ist wenig hilfreich. Die Behauptung, dass diese Regelung „ein hohes Maß an Beschleunigungspotential mit sich bringt“, ist angesichts der extrem seltenen Einzelfälle, in denen ein solches Bürgerbegehren in der Vergangenheit erfolgreich war, nicht nachvollziehbar.

Die Frist von drei Monaten für kassatorische Bürgerbegehren erscheint uns akzeptabel. Aber nur, wenn nach Anmeldung des Bürgerbegehrens auch eine aufschiebende Wirkung einsetzt. Eine Kostenschätzung sollte dann entfallen, so dass sofort mit der Unterschriftensammlung begonnen werden kann. Unabhängig davon schlagen wir vor, dass die Kostenschätzung generell entfällt und stattdessen die Bürger über den Informationsbrief vor dem Bürgerentscheid auch über die Kosten informiert werden.

Eine Sperrfrist von drei Jahren ergibt keinen Sinn, da sich innerhalb von drei Jahren die Sachlage erheblich verändern kann. Mehr Demokratie ist kein Fall bekannt, der eine solche Regelung begründet. Aus den genannten Gründen bitten wir die beiden Regierungsfraktionen, an die die Ministerin ihren Formulierungsvorschlag nun weiterleitet, eindringlich, auf die geplante Verschlechterung der Regeln für Bürgerbegehren zu verzichten.

Fazit unseres Landesverbandes

Fakt ist, dass der neue Vorschlag mit 2/3 Mehrheit d. Gemeinderats bei Bauvorhaben noch schwieriger ist, als befürchtet. In den kleinen Gemeinden werden B-Pläne fast immer einstimmig aufgestellt oder mit sehr großer Mehrheit. Daher würde dies das Aus für Bürgerbegehren im ländlichen Raum bedeuten.

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Claudine Nierth
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