Erster Bürgerbegehrensbericht für Schleswig-Holstein veröffentlicht

Mehr Demokratie hat die gut 20 Jahre Praxis kommunaler Direktdemokratie in Schleswig-Holstein evaluiert und umgehend ein landesweites Volksbegehren zur Reform der kommunalen Bürgerbegehren angekündigt.

 

 

 

 

 

 

 

Erster Bürgerbegehrensbericht für Schleswig-Holstein

Volksbegehren zur Reform der Bürgerbegehren angekündigt



Eine ernüchternde Bilanz der direktdemokratischen Praxis in Schleswig-Holstein zieht der Verein Mehr Demokratie mit seinem heute (3.6.) in Kiel vorgestellten Bürgerentscheidsbericht. Zugleich attestiert der Verein den Regeln für Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden in Schleswig-Holstein einen deutlichen Reformbedarf. Er kündigte ein Volksbegehren an, mit dem die Bedingungen für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide verbessert werden sollen. Die von einem breiten Bündnis getragene Aktion soll noch in diesem Juni starten.

Seit der Einführung der direkten Demokratie in den schleswig-holsteinischen Kommunen im Jahr 1990 hat es nach Recherchen des Vereins nur insgesamt 347 Bürgerbegehren gegeben. Zur Abstimmung kamen nur 169 Initiativen. Damit sei in den 1.116 Gemeinden im Durchschnitt nur alle 64 Jahre ein direktdemokratisches Verfahren zu erleben.

„Von einer lebendigen Praxis kann in Schleswig-Holstein noch keine Rede sein. Andere Länder haben uns längst überholt“, resümiert Claudine Nierth, Vorstandssprecherin von Mehr Demokratie. So seien beispielsweise in Bayern in nur 15 Jahren rund 1.700 Bürgerbegehren gestartet worden. Dort komme es im Schnitt alle 14 Jahre in einer Gemeinde zu einem Bürgerbegehren.

Kritisch bewertet der zum ersten Mal vorgelegte Bericht die mit 25,6 Prozent hohe Quote der für unzulässig erklärten Bürgerbegehren. Dies führt der Verein darauf zurück, dass einige Themen nicht zulässig sind, die aber im Interesse der Bürgerinnen und Bürger lägen. So seien nach der schleswig-holsteinischen Kommunalordnung etwa Bürgerbegehren zu Bauleitplanungen ausgeschlossen. Erfahrungen in anderen Ländern zeigten jedoch, dass etwa 40 Prozent der Bürgerbegehren zu Bauleitplanungen gestartet würden.

Auch das Zustimmungsquorum beim Bürgerentscheid wirke sich hemmend auf die direktdemokratische Praxis aus. Dieses sei zwar im Jahr 2000 von bis dahin 25 Prozent auf 20 Prozent gesenkt worden. Dennoch scheiterten 14 Prozent aller Bürgerentscheide daran, dass neben der Mehrheitsentscheidung auch 20 Prozent aller Stimmberechtigten einer Kommune mit „Ja“ stimmen müssen.

Erfreulich resümiert Mehr Demokratie die Abstimmungsbeteiligung. Diese lag durchschnittlich bei 57 Prozent. Die Beteiligung sei zwar in größeren Kommunen niedriger als in kleinen, läge jedoch im Schnitt über der Beteiligung bei Kommunalwahlen.

Auffällig sei zudem die relativ hohe Zahl von Bürgerbegehren zu Windkraftanlagen. Hierzu seien in den vergangenen beiden Jahren drei Viertel aller Begehren gestartet worden. In 33 der 36 WKA-Verfahren der Jahre 2009 und 2010 kam es zur Abstimmung, davon sprachen sich die Bürger in 57,6 Prozent gegen die Windkraftnutzung und in 36,3 Prozent für die Windkraftnutzung aus (restliche Abstimmungen unbekannt).

Themenschwerpunkte sind auch die öffentliche Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen mit 24 Prozent und Wirtschaftsprojekte mit 18 Prozent im gesamten Berichtszeitraum.

„Wir machen in Schleswig-Holstein eine Demokratiebaustelle auf. Es ist Zeit für eine Reform. Mit unserem Volksbegehren wollen wir die Hürden für Bürgerbegehren senken, das Zustimmungsquorum beim Bürgerentscheid abschaffen. Vor allem aber sollen mehr Themen zulässig sein“, kündigt Rolf Sörensen, Landesvorsitzender von Mehr Demokratie in Schleswig-Holstein an.

„Schleswig-Holstein war eines der ersten Bundesländer überhaupt, in dem die kommunale direkte Demokratie eingeführt wurde. Heute liegen wir im Ländervergleich der Bedingungen für die direkte Demokratie nur noch auf Platz 5“, so Nierth. „Mit einem Volksbegehren wollen wir uns wieder an die Spitze vorarbeiten. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide sollen leichter möglich sein und selbstverständlicher zur politischen Kultur gehören.“

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Hinweise für die Redaktionen:

Der vollständige Bericht „Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Schleswig-Holstein“ ist <media 12065>hier</media> in einer Vorabfassung abrufbar.

Das Volksbegehren, die konkreten Forderungen, der Gesetzentwurf und das Bündnis für Mehr Demokratie in Schleswig-Holstein sollen bei einem Pressegespräch am Donnerstag, dem 16. Juni 2011, um 11 Uhr, im Landeshaus Kiel, Raum 395, präsentiert werden. Sie sind herzlich eingeladen.

Bei Rückfragen: Claudine Nierth, 0178 –8377377 | Rolf Sörensen, 0174 – 8910088

Pressekontakte


Claudine Nierth
E-Mail |Tel.: 0178 / 8377377