Bürgerbegehren: Bericht widerlegt Landesregierung. Fachverband legt Zahlen vor:

In Schleswig-Holstein gibt es nicht viele Bürgerbegehren. Sie behindern die Gemeinderäte nicht, sondern tragen zur schnellen Konfliktlösung bei.

Der Verein Mehr Demokratie hat heute seinen Bericht „Bürgerbegehren in Schleswig-Holstein 2022“ vorgelegt. Er sammelt Daten und Fakten zu allen direkt-demokratischen Verfahren auf der kommunale Ebene. „Bisher hat die Landesregierung ihre geplanten Einschränkungen von Bürgerbegehren nicht empirisch belegt und sich nur auf gefühlte Argumente bezogen“, sagt Claudine Nierth, Vorstandssprecherin von Mehr Demokratie. „Alle Daten sind öffentlich zugänglich. Der Bericht macht Schluss mit vagen Vermutungen und nimmt der Landesregierung den Wind aus den Segeln“, so Nierth.

Es gebe keinen sachlichen Anlass, die Verfahrensregeln bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden einzuschränken. Weder gebe  es zu viele Bürgerbegehren noch verlangsamten sie Planungsprozesse. Im Gegenteil: Fast alle Entscheidungen in den Kommunen werden von der Gemeindevertretung gefällt. Bürgerentscheide sind die Ausnahme. In sehr selten Fällen kommt es zu Konflikten, die per Bürgerentscheid geklärt werden. „Bürgerbegehren sind ein geordnetes, rechtsicheres Verfahren, um Streit in den Gemeinden schnell beizulegen. Sie schaffen Planungssicherheit. Wer Schlichtungswege abschafft, verhindert keine Konflikte“, sagt Nierth. „Die Landesregierung vergrößert nur die Kluft zwischen Bürgern und Politik mit ihrem Vorhaben. Wenn die Bürger der Politik vertrauen sollen, muss die Politik auch den Bürgern vertrauen“, so Nierth.

Die in diesem Zusammenhang relevanten Zahlen hat Mehr Demokratie in einem Faktencheck gebündelt, der auf der Webseite abrufbar ist: Zum Faktencheck

+++ Hintergrund +++

Seit April 1990 sind Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Schleswig-Holstein möglich. Bis Oktober 2022 (dem Ende des Untersuchungszeitraums) wurden 520 Bürgerbegehren und 68 Ratsentscheide gestartet. 347 mal kam es zu einem Bürgerentscheid. Die Abstimmungsbeteiligung lag im Schnitt bei 56,3 Prozent.

Nach zwei größeren Reformen in den Jahren 2003 und 2013 sind die Regelungen in Schleswig-Holstein aktuell recht bürgerfreundlich: Das Bundesland rangierte, was die direkte Demokratie in den Kommunen betrifft, im bundesweiten Ranking von Mehr Demokratie zuletzt in der Spitzengruppe auf Platz 3. Davor liegen nur Bayern und Hamburg. „Mit den neuen Regelungen verliert Schleswig-Holstein und rutscht auf Platz neun oder zehn“, sagt Nierth weiter.

Mehr Demokratie sammelt Daten und Fakten zum direkt-demokratischen Geschehen in den Kommunen und Ländern Deutschlands und veröffentlicht dazu regelmäßig Berichte. Dabei kooperiert der Fachverband mit dem Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung der Bergischen Universität Wuppertal und der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie der Philipps-Universität Marburg.

+++ Weitere Ressourcen

Zu den Reformplänen: Neupositionierung der Innenministerin Sütterlin-Waack zur Einschränkung der Bürgerbegehren in Schleswig-Holstein

sh.mehr-demokratie.de/presse/pressemitteilung-einzelansicht/neupositionierung-der-innenministerin-suetterlin-waack-zur-einschraenkung-der-buergerbegehren-in-schleswig-holstein

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Claudine Nierth
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